Rückkehr und Wiederaufbau

Soweit wolhyniendeutsche Familien sich aus dem Inneren Russlands zur Rückkehr entschlossen, fanden sie ihre Höfe oftmals in fremdem Besitz vor, oder auch verlassen und schwer beschädigt, wenn nicht gar  - im schlimmsten Fall – völlig zerstört, denn das Gebiet Wolhynien war besonders schwer von Kampfhandlungen betroffen gewesen.

vgl. hierzu den Bericht eines Militärpfarrers aus dem Jahr 1918: "Bei den deutschen Kolonisten in Wolhynien" 

Die polnische Gesetzgebung nach Ende des 1. Weltkriegs schien zunächst das Wohl der ehemaligen Kolonisten im Blick zu haben: eine Verordnung des Generalkommissars der Ostgebiete vom 17.7.1919 legte fest, dass alle Pächter, die ihr Land vom 1.1.1900 bis 1.7.1914 ununterbrochen bewirtschaftet hatten und die im Krieg zwangsweise umgesiedelt worden waren, bis zum 1.8.1919 das Recht haben sollten, ihr Land zu den früheren Bedingungen wieder zu übernehmen. Die Unterbrechung durch Deportation wurde so als höhere Gewalt anerkannt. Allerdings war es den wolhynien-deutschen Siedlern in der anhaltenden Kriegssituation (der polnisch-russische Krieg endete erst 1921 mit dem Frieden von Riga**) oft nicht möglich, schnell zurückzukehren und den Anspruch geltend zu machen.

Polnisch-Wolhynien 1921  (Ausschnitt)

Ein späteres Gesetz zur Übernahme von Grund und Boden (vom 17.2.1920) galt u.a. auch für (West)Wolhynien und enthielt gleichfalls eine für deutsche Kolonisten wichtige Regelung: demnach konnte Land in Staatseigentum übernommen werden, wenn es vom Eigentümer verlassen worden war und wenn der Eigentümer oder eine von ihm bevollmächtigte Person nicht bis zum 1. April 1921 auf den ehemals bewirtschafteten Hof zurückkehrte. Das Gesetz machte keinen Unterschied zwischen freiwilliger oder erzwungener Land-Aufgabe.  Faktisch wirkte sich dieses Gesetz für viele wolhynien-deutsche Bauern als Enteignung aus, denn bis zu dem festgelegten Stichtag war so mancher Familie eine Rückkehr nicht möglich. Eine spätere Entschädigungsregelung hat den deutschen Kolonisten keinen Nutzen gebracht; auch von der rechtlichen Möglichkeit, Rückkehrer auf anderen Grundstücken anzusiedeln, ist den Deutschen gegenüber nicht Gebrauch gemacht worden.

Die existenzelle Not, in die manche Rückkehrer gerieten, wurde von  politischen Vertretern durch Eingaben im polnischen Parlament und auch durch Beschwerden beim Völkerbund in Genf  öffentlich gemacht. Faktisch wurde jedoch wenig erreicht.

 

Abschrift*** aus der Eingabe des Deutschtumsbundes zur Wahrung der Minderheitsrechte in Polen  vom            1. August 1922 an den Rat des Völkerbundes in Genf:

 

"(…) Wir  gestatten uns ferner, in der Anlage eine Interpellation der deutschen Abgeordneten über die Lage der deutschen Kolonisten in Wolhynien sowie die hierauf erteilte Antwort der Regierung beizufügen. Das Los dieser im Kriege von den Russen verschleppten deutschen Bauernfamilien ist besonders traurig. Wenn auch inzwischen die Kolonisten, welche Eigentum besitzen, ihr Eigentum meist wiedererlangt haben, so ist es doch den Kolonisten, welche Land gepachtet haben, und welche auf dieses Land gewöhnlich ein Vorkaufsrecht besitzen, in grossem Umfange noch nicht gelungen, wieder in ihre Rechte eingesetzt zu werden. Wir glauben, dass die Verwaltungsbehörden die Lage dieser Kolonisten durch entsprechende Einwirkung auf die Eigentümer des Pachtlandes wie auch durch Gewährung der versprochenen Hilfe zum Aufbau der zerstörten Gebäude wesentlich erleichtern konnten. Wir bitten, der Völkerbundrat möge seinen Einfluss dahin geltend machen, dass alle deutschen Kolonisten in Wolhynien in ihre Rechte eingesetzt werden und ihnen der Aufbau ihrer wirtschaftlichen Existenz ermöglicht wird.

 

INTERPELLATION DER ABGEORDNETEN SPIEKERMANN, FRIESE, HEICKE UND SPLETT DER ,,DEUTSCHEN VEKEINIGUNG IM SEJM" UND ANDERER ABGEORDNETEN AN DEN HERRN MINISTERPRÄSIDENTEN UND DIE HOHE REGIERUNG,

BETR. DIE DEUTSCHEN KOLONISTEN IN WOLHYNIEN.

In Wolhynien sind durch den Weltkrieg und die damit verbundenen Ereignisse für die dortigen Bewohner schwere materielle Verluste entstanden, unter denen die deutschen Kolonisten am schwersten betroffen wurden, denn sie sind von ihren Ansiedlungen von den Russen entfernt und ins Innere Kusslands verwiesen worden und mussten ihr Hab und Gut dem Schicksal überlassen. Als sie endlich nach langem Leiden die Möglichkeit hatten, in die Heimat zurückzukehren, fanden sie entweder verwüstete Dörfer oder andere in ihren Behausungen vor. Während der deutschen Okkupation gelang es einem Teil, ihr Hab und Gut wieder in Besitz zu nehmen, aber ein sehr großer Teil hatte erst die Möglichkeit, nach dem Rigaer Friedensvertrage zwischen Polen und Sowjetrussland zurückzukehren, und gerade diese und die nach Deutschland ausgesiedelten sind am schwersten davon betroffen worden.

Die Verhältnisse in Wolhynien sind, was Gesetz und Ordnung anbetrifft, geradezu trostlos. Niemand weiß, woran er ist, und an wen er sich in seiner Not wenden soll. Da, wo die Kolonisten Pachtland besitzen oder besessen haben, wird denselben das Land unter den Füssen verkauft, oft mit den darauf befindlichen Gebäuden, die doch Eigentum der Pächter sind. Kaufverträge werden nicht gehalten. Mit Zinsländereien, sogenannten ewigen Pachtverträgen (wieczny czynsz), wird genau so verfahren. Die Grundbesitzer verkaufen und verpachten willkürlich und vertreiben die Kolonisten aus ihren Wirtschaften. Die Verwaltungs- und Gerichtsbehörden tun nichts oder wollen nichts tun, um den geradezu wild-willkürlichen Zuständen einen Damm zu setzen.

Es würde zu weit führen, in dieser Interpellation alle Fälle namentlich aufzuführen, da die Zahl derselben Tausende beträgt.

Infolgedessen fragen wir die hohe Regierung:

I. Was gedenkt die Regierung zu unternehmen, dass zwischen Grundbesitzern und Pächtem wieder Rechtsverhältnisse eintreten und die Pächter vor Willkür geschützt und nicht von ihren Pachtungen entfernt werden;

2. wo andere in ihren Pachtungen sitzen, dass sie dieselben wiedererhalten;

3. dass Kaufverträge anerkannt und respektiert werden ;

4. damit allen alten Pächtern, und wo sie Zinsland haben, das Vorkaufsrecht gesichert wird, haben sie doch den Boden urbar gemacht und mit ihrem Schweiß gedüngt.

Warschau, den 25. November 1921

Die Interpellanten

(gez. Unterschriften)

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Ministerium des Innern.                                             Warschau, den 13. April 1922

Tgb. Nr. Pr. 13-398

Warschau.

Gegenstand : Interpellation des Abg. Spickermann und Genossen,

betr. die deutschen Kolonisten in Wolhynien.

AN DEN HERRN SEJMMARSCHALL,      hier

 

Auf das Schreiben des Hem Sejmmarschall vom 26. November 1921 r. L. 1108, betr. die Interpellation des Abg. Spickermann und Genossen vom 25 November 1921 in Sachen der deutschen Kolonisten in Wolhynien, habe ich die Ehre, im Einvernehmen mit dem Herrn Justizminister, dem Herrn Minister für Ackerbau und Staatsgüter und dem Herrn Präses des Hauptliquidationsamtes folgendes zu erwidern:

In Wolhynien wurde eine ziemlich bedeutende Zahl deutscher Kolonisten angesiedelt, welche hier zur russischen Zeit zum Teil aus Russland, zum Teil aus Preußen sich zusammenfanden. Diese Kolonisten kauften zum Teil, zum Teil pachteten sie Land bei vorherrschend polnischen Bürgern und schlossen die diesbezüglichen Kontrakte, indem sie sich in erheblicher Zahl besonders in den Kreisen Luck und Rowno ansiedelten.

Nach Ausbruch des europäischen Krieges wiesen die Russen einen Teil der Deutschen in das Innere Russlands aus, einen anderen Teil wiederum führten die Deutschen nach Deutschland hinüber. Die verlassenen Grundstücke und Gebäude wurden in den Wirren der kriegerischen Ereignisse freiwillig zum Teil durch ortseingesessene Nachbarn besetzt, und zwar durch Russen, zum Teil durch andere Kolonisten, schließlich auch durch Verwandte der Besitzer, welche entweder am Orte geblieben waren oder in der Zwischenzeit zurückkehrten. Eine gewisse Zahl von ausgesiedelten Deutschen, und zwar die Besitzer der Wirtschaften, kehrten bei der ersten Gelegenheit zu ihren heimatlichen Wohnsitzen zurück und arbeiteten dort im Ackerbau ohne jede Behinderung und genießen dort in Gleichberechtigung mit den anderen Bürgern alle Rechte und Privilegien. Ein Rest von deutschen Pächtern kehrte auf die früheren Pachtteile nicht zurück, gab nicht einmal Nachricht von seinem Aufenthaltsort, meldete seine Rechte nicht an, viele von ihnen überwiesen ihre Kontrakte auch dritten Personen. Ein erheblicher Teil der Kontrakte erlosch in den ersten Kriegsjahren.

Im Laufe der langen Kriegsjahre entwickelten sich auf den wolhynischen Terrains anormale Verhältnisse, infolge deren zahlreiche Streitigkeiten und Missverständnisse zwischen den einstigen und jetzigen Besitzern entstanden. Insonderheit in solchen Fällen, wo die Pächter nicht rechtzeitig zurückkehrten, ihre Rechte auch nicht anmeldeten, haben die Grundstückseigentümer angesichts des Erlöschens der Kontrakte im Jahre 1919-20 den Boden an andere Ansiedler verpachtet. Mit dem Augenblicke der Heimkehr der deutschen Kolonisten entstanden Streitigkeiten, besonders mit Rücksicht auf das Eigentumsrecht der Gebäude, welche durch die früheren Kolonisten auf den gepachteten Boden aufgeführt waren. In weiteren Fällen begannen die Heimkehrenden ihr Recht auf die verlassene Habe geltend zu machen, da sie auf ihren Wohnsitzen unrechtmäßige Vertreter vorfanden. Es entstanden auch Streitigkeiten zwischen den Heimkehrenden und ihren Verwandten, welche während der Abwesenheit die verlassenen Wirtschaften in Besitz genommen hatten.

All diese Streitigkeiten gehören sichtbar nicht zur Kompetenz der Verwaltungsbehörden und sind durch Gerichte zu entscheiden. Die Zahl der gerichtlichen Klagen ist aus diesem Grunde ziemlich groß.

Zur Beleuchtung der Sachlage in den einzelnen Kreisen Wolhyniens führe ich folgendes an:

Im Kreise Luck und Rowno, wo Ansiedlungen deutscher Kolonisten am zahlreichsten waren, wurde mit dem Einsetzen der polnischen Verwaltungsbehörden im Herbst 1920 die Registrierung der durch die Besitzer verlassenen Immobilien. durchgeführt, und falls zur Verwaltung des Grundstückes Berechtigte nicht vorhanden waren, übernahmen sogenannte (Referaty Rolne) ,,ländliche Verwaltungsämter" die Besitzungen in Verwaltung, und zwar kreisweise, und verpachteten sie auf Grund schriftlicher kurzfristiger Termine an Landwirte zwecks vollständiger Ausnutzung der öde daliegenden Ackerflächen unter Wahrung gewisser Rechte der abwesenden Besitzer, so dass ihnen auf diese Weise der jederzeitige Eintritt in ihren Besitz ermöglicht war.

In den Kreisen Dubnow, Horochow, Kowel, Wlodzumierz kamen Streitigkeiten nicht vor, die Verwaltungsbehörden haben von Seiten der Kolonisten keine Klagen erhalten.

Im Kreise Lubomelsk hat es überhaupt keine deutschen Ansiedler gegeben.

Im Kreise Ostrow entstanden Streitigkeiten zwischen dem Besitzer des Gutes Sijance und dem deutschen Pächter, welche auf dem gerichtlichen Wege liquidiert wurden.

Im Kreise Krzemieniec befanden sich Kolonisten nur auf dem Gute ,,Butyn Klucza Wisniowieckiego", welche Verträge auf 6 Jahre besaßen. Die Kontrakte sind vor mehreren Jahren erloschen, niemand von den Kolonisten ist zurückgekehrt oder hat Rechte angemeldet. Das Gut ist gegenwärtig unter Militäransiedler aufgeteilt worden.

Unter Zusammenfassung des Obigen erkläre ich, dass die Streitigkeiten und Misshelligkeiten unter den deutschen Kolonisten, welche in der Interpellation erwähnt sind, aus den kriegerischen Ereignissen sich ergaben, und zwar zu einer Zeit vor Übernahme der Verwaltung Wolhyniens durch die polnischen Behörden. Die Streitigkeiten entstanden schließlich lediglich zwischen Pachtern und den Gutsbesitzern mit Rücksicht auf die Nutznießer, welche in ihrer Abwesenheit die Wirtschaften übernahmen, und nicht zwischen Pächtern und Verwaltungsbehörden. Solche Streitigkeiten fallen ausschliesslich unter die Kompetenz der Gerichte. Was die Punkte 1-4 in der Interpellation anbetrifft, ist zu sagen, dass die polnischen Verwaltungsbehörden denjenigen Pächtern, welche den gepachteten Boden als Eigentum zu erwerben wünschten, auf Grund der Verfügung des Obersten Kommissars Wolhyniens und Podoliens vom 30. 3. (z. Ur. Nr. 4 b. Z. C. W. i. Fr. P. Pos. 63, betr. den Ankauf durch langjährige kleine Pächter und Zinsbauer) das Eigentumsrecht an dem von ihnen bisher genutzten Boden zusicherten und dass laut Verfügung desselben Kommissars vom 25. Mai 1920 Dz. Urz. Nr. 10 b. Z. C. W. i. Fr. Pod. Pos. 137 die Exmission der Pächter aufgehalten wurde, obgleich ihre Pachtvereinbarungen erloschen waren.

Die verpflichtende Kraft der Bestimmungen in der Verfügung des Hauptlandkommissars von Wolhynien und der podolischen Front vom 25. Mai 1920 Dz. Urz. Z. C. W. i. Fr. Pod. Nr. 10 Pos. 137 und der entsprechenden Verfügung des Generalkommissars der Ostgebiete vom 19. 2. 1920 Dz.

Urz. b. Z. C. Z. W. Nr. 14/18 Pos. 272 wurde verlängert durch die Verfügung des Ministerrats vom 22. 2. 1921 Dz. Ust. Nr. 19 Pos. 110 ex 1921 bis zum 1. Marz 1922 und sodann durch Verfügung des Ministerrats vom 23. 2. 1922 Dz. Ust. Nr. 12 Pos. 109 ex 1922 bis zum 1. November 1922. Unabhängig davon wurde durch den Obersten Landesrat ein Gesetzentwurf dem Ministerrat unterbreitet, und zwar betr. den Schutz (Einstellung der Exmission) der kleinen Ackerpächter und Zinsbauern, auch der freien Leute an der Ostgrenze; auch ist in Arbeit ein Gesetzentwurf des Hauptlandamtes, betr. den Ankauf langfristig in Pacht befindlichen Bodens auf den östlichen Grenzterrains durch dieselben kleinen Landwirte.

Ich erlaube mir zugleich zu betonen, dass den Verwaltungsbehörden auch nicht ein Fall von eigenmächtiger oder widerrechtlicher Exmission bekannt ist; die Ausführung der Interpellanten beruhen daher nur auf Informationen, die der Wahrheit nicht entsprechen.

Schließlich bemerke ich, dass betr. der größeren Besitzungen in Wolhynien die Bestimmungen des Gesetzes vom 17. Dezember 1920 (betr. die Übernahme von Boden in einzelnen Staaten der Republik in das Eigentumsrecht des Staates) sowie der Verfügung des Landwirtschaftsministers vom 22. Juli 1921 Dz. Ust. Nr. 65 S. r. 1921 Pos. 420 (in Sachen der Sicherung des Rechtes Internierter oder fortgeführter Personen, und zwar durch fremde Machte, sowie von Personen, welche nach dem I. April 1921 zu ihrem heimatlichen Sitz zurückkehren) bei Ausführung des obengenannten Gesetzes beachtet werden.

Dieses Gesetz ist bisher nur den größeren Besitzungen gegenüber angewendet worden ; was den kleinen Besitz anbetrifft, zu welchem vorherrschend die sogenannten deutschen Kolonisten gehören, so hat es bis jetzt auch nicht einen Fail gegeben, in welchem eine derartige Parzelle als Eigentum des Staates übernommen worden ist.

Der Minister:

(gez.) W. Z. DUNIKOWSKI

 

*** Irrtum vorbehalten,  Rechtschreibung angepasst; 

Text online: (pdf 21 MB / 853 Seiten)   https://www.icj-cij.org/pcij/serie_C/C_03_02/C_03_05_avis_consultatif_No_6.pdf

Auszug zum Download pdf - 31 Seiten, 1,95 MB

amtliche Veröffentlichung gem. § 5 UrhG;  Nutzung für nichtkommerzielle Zwecke zugelassen:

 https://www.icj-cij.org/homepage/disclaimer.php

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Die Bedrückung der Wolhyniendeutschen nach ihrer Rückkehr aus der Verbannung dokumentiert beispielhaft eine Petition der Kolonie Wladyslawow / Krs. Dubno  an den Sejm-Abgeordneten August Utta (1925)  sowie ein Bericht des Sejm-Abgeordneten Josef Spickermann (1922):  Download pdf 84 KB

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Eine geplante Agrarreform der polnischen Regierung mündete in ein Gesetz vom 24.6.1924: das „Landübereignungsgesetz“. Damit sollte langjährigen Pächtern landwirtschaftlicher Flächen das Recht verschafft werden, diese zu einem günstigen Preis zum Eigentum zu erwerben. Verbunden war damit die Verpflichtung des Grundeigentümers, dem Verkauf zuzustimmen. Das Gesetz enthielt jedoch die Einschränkung, dass nicht-polnische Staatsangehörige, Einwohner mit doppelter Staatsbürgerschaft und solche, die ihr Pachtverhältnis mehr als ein Jahr unterbrochen haben, nicht zu den Begünstigten zählten.  Die rückgewanderten Wolhynien-Deutschen konnten oftmals ihre polnische Staatsangehörigkeit nicht mit entsprechenden amtlichen Dokumenten belegen, so dass es häufig zu Prozessen kam.  Das Gesetz wurde sehr streng durchgesetzt. Manches Mal wurde sogar noch Pachtgeld gefordert (und auch gezahlt) für die Zeit der Zwangsdeportation ins Innere Russlands. Wer die Bedingungen des Gesetzes nicht erfüllen konnte, sah sich bei Ablauf des Pachtvertrags häufig vor dem Nichts: Grundbesitzer verlangten kompromisslos die Räumung, die sie manches Mal sogar mit Polizeigewalt durchsetzten. Einige Kolonien wurden auf diese Weise völlig entvölkert und niedergerissen (Seraphim nennt beispielhaft 20 Dörfer im Bezirk Luzk). Einige Kolonisten wanderten aus nach Deutschland, Kanada oder Südamerika, andere zogen in selbstgezimmerte Not-Unterkünfte (Erdhütten) an Rändern anderer Siedlungen oder Städte und verdingten sich als Arbeiter.

 

Anmerkungen: 

* Die Ausführungen basieren auf den Untersuchungen von H. J.  Seraphim, der 1934 eine Studienreise nach Wolhynien unternommen und daneben die damals vorliegende Forschungsliteratur ausgewertet und veröffentlicht hat in der Zeitschriftenreihe „Berichte über Landwirtschaft“ des damaligen Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, Sonderheft 143,  Berlin 1938.   

** Eine Folge des Friedensschlusses von Riga war die Teilung Wolhyniens: der Westen wurde polnisches Staatsgebiet,  der Osten kam unter sowjetische Herrschaft (die Geschichte der Deutschen Kolonisten dort nahm unter dem Stalin-Regime einen völlig anderen Verlauf; sie ist gekennzeichnet von Unterdrückung, Hungersnöten, Zwangsarbeit und Deportationen - vgl. hierzu  https://www.memorial.krsk.ru/deu/index.htm)

vgl. auch: Alfred Kleindienst: 

"Wie es den Deutschen in Polnisch-Wolhynien zwischen den beiden Weltkriegen erging (1918 - 1939)"              in: Heimatbuch der Deutschen aus Russland, 1962  Seite 28 - 33

 

Gebietskarte: Polen 1922 (20 MB):

https://www.mapywig.org/m/WIG_maps/various/Small_scale_maps/RZECZPOSPOLITA_POLSKA_I_KRAJE_OSCIENNE_1922.jpg

 

Gebietskarte: Polen 1921 (39 MB)

http://www.mapywig.org/m/WIG_maps/various/Small_scale_maps/Rzeczpospolita_Polska_i_kraje_oscienne_IWG_ca1921_PBC_K-129_50p.jpg

 

Foto von Regierungsverhandlungen im Herbst 1920 in Riga:

http://pid.gov.pl/sites/default/files/styles/xl/public/mwp_teczka208-5620pokoj20ryski20nr20inw2033436-1.jpg

 

Foto der polnischen Delegation

http://www.akg-images.de/archive/Riga-Peace-Treat-/-1921-2UMDHUF58MY4.html

 

Foto von der Unterzeichnung des Vertrags von Riga

http://visualrian.ru/en/images/zooms/RIAN_745071.jpg

 

Text des Friedensvertrags von Riga (engl.) pdf -  147 KB    http://www.forost.ungarisches-institut.de/pdf/19210318-1.pdf

 

Vertragstext und Kommentierung (französisch)  https://archive.org/details/mmoiresurletrai00comi

Erläuterung zu einzelnen übersetzten Abschnitten: >>>  pdf - 779 KB 



Fotos von Not-Unterkünften (Erdhütten) in:

Alfred Kleindienst „Der Schicksalsweg der Wolhynien-Deutschen“ Posen 1939, Seite 25 und 31

http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=78934

 

Berichte von Rückkehrern in "Heimkehr" 1920 Heft 8, Seite 84

Download pdf 35 KB

Brief aus Roszyszcze vom 22.2.1920 in  "Heimkehr"  1920 Seite 141  

Download  pdf 46 KB   

 

Elisabeth Fendl, Werner Mezger, Michael Prosser- Schell, Hans-Werner Retterath, Teresa Volk (Hrsg.) 

„Jahrbuch für deutsche und osteuropäische Volkskunde – Schwerpunkt: Blickpunkte I -  

Fotografien als Quelle zur Erforschung der Kultur der Deutschen im und aus dem östlichen Europa“   

Münster, 2011, Seite 159

http://books.google.de/books?id=YES3K9cMlZgC&lpg=PA158&ots=Bi_W-vqrZx&dq=Erdh%C3%BCtten%20wolhynien&hl=de&pg=PA159#v=onepage&q=Erdh%C3%BCtten%20wolhynien&f=false

 

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letzte Änderung: 23.02.2021