Erinnerungslied der Wolhynien-Deutschen

 

"Aus Wolhynien sind gezogen...."  Von dem alt- überlieferten "Wolhynier-Lied" aus der Zeit der Verbannung während des 1. Weltkriegs sind im Laufe der Jahrzehnte verschiedene Varianten entstanden. Nachstehend ist eine Version aus einer im Jahr 1939 erschienenen Veröffentlichung*:  

 

Also ist der Mordgedanken

Von der Obrigkeit gestellt,

Aus Wolhynien sollten wanken

Alle Deutschen in die Welt.

 

Aus Wolhynien sind gezogen

Die Verzagten, arm und reich,

Keiner ging den Weg auf Rosen,

Alle waren sie jetzt gleich.

 

Mittwoch früh, am ersten Juli**,

Grade zu der Erntezeit,

Mußten durch die Trübsalsschule,

Alle, arm und reiche Leut.

 

Angespannt und schwer beladen

Stand der Wagen vor der Tür,

Manche Sachen, ach zum Schaden,

Mußten liegen bleiben hier.

 

Unsre arm‘ Soldatenweiber

Blieben noch zurück allein.

In der Hoffnung auf die Ernte

Und von Not befreit zu sein…

 

Auf dem Strome mit dem Dampfer,

Manche fuhren mit dem Kahn,

Und auf Fuhren zogen andre,

Zuletzt dann auf der Eisenbahn.

 

Auf den langen Trübsalswegen

Hielt der Tod auch gleichen Schritt.

Kleine Kinder, alte Leute,

Junge Menschen nahm er mit.

 

Ach, es fanden gar so viele

Ihre Lieben nimmermehr,

Sind nun in der Fremd‘ geblieben,

Irren in der Welt umher.

Das Lied wird gesungen nach der Melodie eines alten russischen Volksliedes, das an den Kosakenführer Stenka Razin (17. Jahrhundert) erinnert.  Eine Instrumentalversion hat James Last eingespielt: 

https://www.youtube.com/watch?v=ndMsnel3n8U

 

 

* zitiert aus: „Der Schicksalsweg der Wolhyniendeutschen“, 

(Sonder)Heft 8 der Schriftenreihe „Unsere Heimat“ der Historischen Gesellschaft für Posen, Hrsg. Kurt Lück und Alfred Lattermann,  Posen 1939, Seite 18 - 19

http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/doccontent?id=78934&from=FBC

** das Datum ist uneinheitlich in den überlieferten Versionen und kalendarisch unzutreffend: der 1. Juli 1915 war ein Donnerstag; der in anderen Fassungen genannte 5. Juli (1915) war ein Montag.

 

Die Zeitschrift "Heimkehr" des Fürsorgevereins für deutsche Rückwanderer veröffentlichte 1920 eine erweiterte Version:   Download - pdf - 35 KB

Eine heute häufig genutzte Fassung ist hier:     http://wolhynien.de/history/song.htm  

 

vgl. auch:   wissenschaftliche Analyse zur Geschichte des Wolhynier-Liedes von

Eckard John „Das Lied als historisches Gedächtnis“

Beitrag zur 35. Volksliedkonferenz in Kiew  6. – 11. Juli 2005

online (gesamter Tagungsband pdf -  1,98 MB)  www.mau-nau.org.ua/etnolog/books/zb/35_ibk.pdf      vgl. Seite 94 - 109

 


 

Vertreterinnen und Vertreter der Erlebnisgeneration, die die Vertreibung am eigenen Leibe zu spüren bekommen haben,  sind kaum noch unter uns. Damit ändern sich auch die Bilder und Empfindungen im Rückblick an diese schwere Zeit. Die Kinder und Enkel der ehemals Verbannten (und der 1939/40 Umgesiedelten) brauchen und finden heute andere Zugänge zu diesem Kapitel ihrer (Familien)Geschichte: sie erkennen die Zeit des Lebens in Wolhynien als vergangen - und wollen sie gleichwohl nicht vergessen.

Was eignet sich besser für ein gemeinsames Gedenken - womöglich auch in der Begegnung mit den ukrainischen / polnischen  Vertretern der heutigen Generation - als ein

Neues Lied zur Erinnerung an die historische Heimat Wolhynien

zur Melodie „Волинь моя*   >>> youtube: https://www.youtube.com/watch?v=tj0vOoPTJvo

Original-Text und Notensatz

Text zum Download   pdf  49 KB

 

Wolhynien war einst Heimatland,

wo meiner Ahnen Wiege stand.

Die Seen so blau, die Wiesen grün,

im Sonnengold die Felder steh‘n!

 

Refrain:

l:  Die Welt uns treibt,

Wolhynien bleibt

ins Herz gebrannt: du schönes Land! :I

 

Der Wald wiegt rauschend sich im Wind,

an Blumen bunt freut sich das Kind.

Der Bienen Fleiß bringt Honig süß,

der Hände Arbeit lohnt gewiss.

 

Refrain:

I:  Die Welt uns treibt,

Wolhynien bleibt

ins Herz gebrannt: du schönes Land. :I

 

Das Schicksal dreht das Rad der Zeit.

Der Ahnen Traum? -  Vergangenheit!

Wenn auch die Trennung schmerzlich prägt,

spür‘ ich die Wurzel, die mich trägt.

 

 Refrain:

I:  Die Welt uns treibt,

Wolhynien bleibt

ins Herz gebrannt: du schönes Land. :I

 

Wo ist ein Land – an Schönheit gleich,

das Herzlichkeit verschenkt so reich?

Die Väter suchten hier das Glück,

heut kehr‘  ich gern als Freund zurück.

 

Refrain:

I:  Die Welt uns treibt,

Wolhynien bleibt

ins Herz gebrannt: du schönes Land. :I

(Text © M. Walsdorf, 2014)

 

* Musik: Stepan Kryvenkyj  [Степан Федорович  Кривенький] (1941 – 1992)

http://uk.wikipedia.org/wiki/Кривенький_Степан_Федорович

Nutzung der Melodie mit freundlicher Zustimmung der Familie des Komponisten